Mont-Saint-Michel
Wieder gute zehn Stunden geschlafen ohne mit der Wimper zu zucken 🤗 Gut, waren gestern auch sieben Stunden im Sattel. Es tröpfelt ein kleines bisschen, ich packe zusammen. Es ist bewölkt, die Sonne schimmert leicht durch die Wolken. Neuer Tag, neue x-tausend Kurbelumdrehungen.
In einem Dorf hole ich mir den ersten Kaffee seit - ich weiß nicht mehr wann und unterhalte mich mit dem Wirt über meine Reise. Weitere Gäste kommen und grüßen ihn wie mich mit Handschlag. Es ist vor 12 und ich bin der einzige männliche Gast, der sich für Kaffee statt Bier entschieden hat 😳
Ich zahle (Preis wieder auf deutschem Niveau und damit fast Faktor vier über Portugal) und frage noch nach einer Füllung meiner Wasserflasche. Dann geht's weiter. Schmale wenig befahrene Landstraße, die sich durch die Felder wellt. Mir kommen mehr Trecker als PKW entgegen.
Die ersten 50 km gehen heute erstaunlich gut vom Bein. Ich nähere mich der Nordküste, wo der entgegen kommende Wind spürbar auffrischt. Dann taucht Mont-Saint-Michel am Horizont auf. Dank an der Stelle an Jonas, der mich dran erinnert hat, dass es hier einen "POI" gibt, den ich ehrlich gesagt schon lange mal besuchen wollte, aber aktuell nicht auf dem Schirm hatte. Ist ein guter geographischer Kompromiss zwischen Brest, was meine Maximalstreckenvariante gewesen wäre und Cherbourg, wo mein Opa gefangen genommen wurde.
Ich hätte nicht erwartet, dass ich gratis bis auf die Klosterinsel fahren darf. Es ist bereits fast vier, ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr zu essen und entsprechend Kohldampf. Kurz zuvor war ich noch einkaufen. Dazu kurzer Einschub:
ich brauche Toilettenpapier. Es gibt aber nur 12er-Packs, von denen ich zehn Rollen zurück lassen müsste. Hatte mir auf Teneriffa schon ein "Sixpack" gekauft und mich wochenlang mit den zunehmend zerfletterten Rollen in meinem Taschen auseinandersetzen müssen. Die Dinger wiegen zwar nicht viel, nehmen aber unheimlich Platz in Anspruch. Also stelle ich einer älteren Dame mit besagtem 12er-Pack unterm Arm hinter ihrem Wagen die unorthodoxe Frage, ob sie mir im Angesicht meiner Situation nicht ein oder zwei Rollen verkaufen würde. Sie verneint, das sei unmöglich mit dem Hinweis sie brauche wirklich alle. War natürlich gelogen! Ich unterstelle mal, dass in ihrem Haushalt neben ihr und ihrem Gatten keine vier Heranwachsenden leben und defäkieren. Sie hätte auch ehrlicherweise antworten können, dass sie keine Lust hat auf dem Lidl-Parkplatz Toilettenpapier an irgendwelche dahergelaufenen Penner zu verchecken 🤣
Jetzt sitz ich im Innenhof geschützt vor dem Wind im gedämpften Sonnenlicht, wo sich die Wattwanderer ihre sandigen Füße waschen und esse: ein Baguette, 75% eines Camemberts und ein großes Glas Gewürzgurken. Dann park ich mein Rad und erklimme die Abtei.
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Fahrrad-Suchbild 🙂 |
Nachdem ich mich nun in Frankreich fast ausschließlich nach Norden bewegt habe, folgt nun der Knick nach rechts. Ich komme über eine Landstraße auf einen fein gekiesten Radweg, der mich nach Osten führt.
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Was ist das bitte für ein geiles Tandem?! 🤗 |
Der Nordostwind pfeift mir ins Gesicht. In Kombination mit den vorhergesagten sieben Grad für heute Nacht hoffe ich auf einen komfortablen, windgeschützten Schlafplatz. Nach ca. 40 km taucht neben dem Radweg eine Picknickhütte auf. Sehr, sehr geil! Ich setze mich auf eine der beiden (verschiebbaren!) Bank-Tisch-Kombos, neben die mein Zelt nicht passen würde, wenn sie angeschraubt wären, esse und schreibe. Obwohl ich am Rand eines Dorfs bin und mir auf dem Radweg ständig Menschen entgegen kamen, sehe ich hier auch nach über einer Stunde überhaupt niemanden.
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