Santiago de Compostela

Am nächsten Morgen, ich packe grad mein Zelt zusammen, taucht auf dem gegenüber liegenden Flussufer ein wanderndes Paar auf. Sie strahlen, winken, machen eine Schlafen-Geste (zwei zusammen gelegte Hände auf einer Seite des Gesichts), ich nicke, es folgt noch mehr Strahlen und die Daumen gehen hoch 🙂 Ein guter Start in den Tag.



Ostersonntag in Santiago, strahlend blauer Himmel. Die Menschen strömen in die Parks und auf die Plätze. Die Stadt ist voll, überall Jakobspilgerer. Ich schau mir die Stadt an und hole mir eine äußerst leckere Pizza, die ich in der Sonne esse. Zum Schlafen fahre ich auf einen Berg im Nordwesten der Stadt, wo sich ein größerer Park befindet. Die Kinder toben noch nach Sonnenuntergang auf dem Spielplatz. Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie das spanische Leben eher in der zweiten Tageshälfte stattfindet. Wenn es bei uns schon längst "Abendbrot" gibt und die Menschen eher zu Hause sind, ist hier noch Halligalli auf den Straßen.

Entsprechend ruhiger ist es dann morgens. Ich stelle mir den Wecker und fahre etwas nach 0900 los. Im Park seh ich genau eine Person. Die Straßen sind leer, nur vereinzelt taucht mal ein Auto auf, Endzeitstimmung. Ich fahre mit langer Hose und Handschuhen bei 10 Grad runter in die Stadt und dann im Osten wieder rauf Richtung Flughafen, wo ich dann nach den ersten 15 km Lara treffe.
Zwei Kaffee im Hotel, Akkus laden, aufwärmen. Gemeinsam fahren wir einen wunderschönen Abschnitt Richtung Nordost ans Meer. Die Sonne scheint wieder herrlich, ich wechsle bald auf die kurze Hose und genieße was die Landschaft optisch zu bieten hat.


Lara hat ihr Fahrrad-Setup firmengesponsort komplett überarbeitet und ist jetzt naturgemäß in der Optimierungsphase. Was passt wo am besten hin, was macht thematisch Sinn, immer wieder entsprechend umpacken, anpassen nach Praktikabilität, Gewicht und Volumen.

Wir finden eine schöne, von Wildschweinen umgegrabene Wiese neben einem Bach. Dort schlagen wir die Zelte in der Hoffnung auf wärmende Morgensonne nach Osten ausgerichtet auf.


Nächster Morgen, kalt und bewölkt. Bald setzt leichter Regen ein. Die Ostausrichtung war mal so überhaupt nichts. Wir packen unsere Zelte nass zusammen und fahren los. Es haut einen Schauer nach dem anderen runter, es bleibt bei max. zehn Grad, wieder lange Hose und Handschuhe (in meinem Fall). Lara, knallhart wie sie ist, fährt einfach barfuß in Badelatschen. Ich erfriere schon beim Hinschauen! 🤣

Zelt trocknen im "drizzle" 🙈


Die Straßen trocknen nie richtig ab, immer wieder regnet es: mal von oben, mal von der Seite, mal von vorne. Gegen Abend wird's dann nochmal richtig nass. Das ist heute so ein richtiger Tag zum zu Hause bleiben, am besten auf der Couch unter einer Decke.


Einer von Laras Followern meint, das hier sei die regnerischste Gegend Spaniens. Ich neige dazu, das bei meinem zweiten von zwei sehr nassen Besuchen ohne weitere Prüfung zu bestätigen.


Da es auch nachts regnen soll, suchen wir nach einem Schlafplatz mit Dach. Am Straßenrand steht ein Schild "Refugio", also eine Art Hütte, in der man sich vor den Naturgewalten schützen kann. Dass es die hier auf 150 m Höhe gibt, spricht schon Bände. Dann kommt wieder ein Moment, in dem ich merke, dass ich deutlich älter bin, als Lara. Ich schlage vor den sehr steilen Weg erstmal runter zu laufen, um zu sehen, was Refugio konkret bedeutet. Lara meint, "warte, ich schau schnell bei google." Dort findet sie dann diverse Bilder von dem was uns erwartet. Passt.

Wir fahren bzw. schieben also gemeinsam den Waldweg runter zu einem Fluss. Das Gebäude ist zweistöckig - und verschlossen. Hier muss man wohl planen in ein Unwetter zu geraten und sich vorher den Schlüssel holen 😅
Wir stellen die Zelte unter dem Balkon bzw. unter einer Treppe auf.



Direkt unter uns ein Wehr und der zugehörige Fluss, der uns reichlich mit Wasser versorgt. Zelte aufbauen und dann erst Mal das Vorderrad an Laras Rad untersuchen. Das hat einige Stunden zuvor etwas mit Schlackern begonnen. Eine "Acht" ist nicht festzumachen, wir finden die Ursache nicht und entscheiden wegen der einsetzenden Dunkelheit abzubrechen. Lara kocht Pasta und wir schmausen im Dunkeln unter dem Balkon.

Nächster Morgen. Erst trocken, dann Regen, dann repeat. Lara zieht ihre Speichen nach. Wir warten noch den gefühlt 17. Regenschauer ab und kommen erst um 1300 los. Einkaufen bei Kilometer 18 und anschließende Trocknungspause bis 1700. Ein Glück ist es für eine Weile trocken. Wir hängen unser Zeug auf, essen und da Laras Hinterrad zuletzt schnell Luft verloren hat, wechseln wir den entsprechenden Schlauch. Eine Premiere: bis 1700 Uhr ganze 18 km gemacht zu haben. Wir fahren weiter, der Regen wechselt wieder in den on-off-Modus.


Am frühen Abend sagt der Wetterbericht, dass es für die nächsten drei Stunden trocken bleiben soll. Wir fahren nach Osten, die Abendsonne wärmt tatsächlich meinen Rücken. Die Freude währt nur kurz, denn plötzlich ist es mein Hinterrad, das Luft verliert. Also spontaner Schlauchwechsel am Straßenrand. Noch während ich das Rad wieder montiere, kommt eine schwarze Regenfront scheinbar aus dem Nichts, die sich kurz und heftig über uns entlädt. Meine zum Trocknen in den Gepäckträger geklemmten Socken, die nach bald zwei Tagen fast trocken waren, gehen (wegen fehlendem "Dach") in Sekunden "Zurück auf Los".  Ich wäre hier in der Gegend auch ungern Meterologe. Es ist fast eine Garantie sich beruflich unglaubwürdig zu machen 😂  Es sei denn, man sagt so etwas wie, "lasst euch einfach überraschen". Hier wechseln die Bedingungen ununterbrochen. Genau wie gestern werden wir also kurz vor Feierabend nochmal richtig nass gemacht, damit auch sichergestellt ist, dass wir am Folgetag wieder in die noch nassen Klamotten steigen dürfen. Wir finden kein besseres Dach, als einen abgestellten Auflieger. Denn auch diese Nacht wird es heftig regnen.



Kommentare

  1. Passende Worte zu scheußlichem Wetter. Auch wenn alles kalt und klatschnass war, war es eine Erfahrung wert;)
    Galizien im April? Never again!

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  2. T, hast du konkret neuen Helm? Wo ist die rote passgenaue Eierschale?

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    1. Jein, ein alter, reaktivierter. Die Eierschale ist zerbrochen als letztes Jahr zurück in D das Rad drauf geflogen ist.

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