Diego 🤗

Freunde, die Zeit fliegt! Es ist bereits Mitte März. Eben war doch Silvester! Wenn ich meine Fotos anschaue, bin ich teils entsetzt, wenn ich feststelle, dass Aktion x auch schon wieder vier Wochen her ist. 

Ich war im Februar nochmal einige Nächte in der Leprastation. Das war die Windwoche (während es in D auch gestürmt hat). Noch nicht erlebt sowas: eine Woche lang ununterbrochen 5-6 bft. Obwohl mein Zelt in einem Gebäude stand, hat es die ganze Nacht gewackelt. Entsprechend unruhig war mein Schlaf. Morgens aus dem wackelnden Zelt steigen, abends zurück ins wackelnde Zelt. Am Strand wurden die Geräusche mit der Zeit immer dumpfer, weil meine Ohren gestrichen voller Sand waren, Mund, Nase und Augen sowieso.
Am ersten Tag nach der Windwoche musste ich mich erst wieder an die Stille und ein nicht wackelndes Zelt gewöhnen. Das war wirklich eine Umstellung. Still war es aber nicht lange, denn am selben Nachmittag sind drei Spanier zufällig in "mein" Haus eingezogen (es gibt bestimmt 20 zur Auswahl). Plötzlich waren wir eine WG. Sie kamen zum Wandern aus Valencia, haben mich abends rüber in ihr Zimmer eingeladen, wo wir geschnackt und Brokkoli gegessen haben 😅
Am nächsten Morgen ging's weiter in den Südwesten der Insel, wo ich aktuell immernoch bin. War seither etwas am Pendeln, kleinere Radtouren gemacht, Abstecher in die Berge des Nordwestens, was mich zu einem Exkurs führt:
Ich fahr im ersten Gang am Berg. Hinter mir ein Wagen, der schon einige Zeit nicht überholen will. Ich schaue vor mir die Straße entlang und sehe keinen Gegenverkehr. "Hier hätte sich ein Überholvorgang angeboten", denke ich. Ich schaue der Straße weiter entlang, den Hang hinauf über zwei Serpentinen hinweg, was einem Blick "in die fernere Zukunft" entspricht. Wenn ich den Straßenabschnitt, der vor mir liegt, uneingeschränkt sehen kann und dort kein Auto entdecke, heißt das kein Gegenverkehr für die nächsten x Sekunden. Der Wagen hinter mir bleibt auf Position. Gut, es besteht auch kein Überholzwang, soweit alles iO. Die Menschen haben es hier eh nicht so eilig wie bei uns. 

Dann nach zwei bis drei weiteren verpassten Gelegenheiten, taucht endlich Gegenverkehr auf: der Wagen hinter mir setzt zum Überholen an 🤣 Klar, Gegenverkehr hupt, Überholende/r kriegt Schiss und zieht natürlich nach rechts, wo ich fahre und lässt mir einen "großzügigen" Sicheheitsabstand von ca. drei Dezimetern (15 sollten es sein). Was soll ich sagen? Unnötig! So oder so ähnlich läuft das nicht selten ab.
 

Ich find ja immer superspannend drüber nachzudenken, warum Menschen tun, was sie tun. Meine Hypothese hierzu: Es scheint einigen Menschen mehr Sicherheit zu geben beim Überholen Gegenverkehr zu haben, weil man ihn dann ja wenigstens nicht übersehen konnte. Es gibt einen konkreten Bezugspunkt in einer definierten Distanz mit einer definierten Geschwindigkeit. ("Ah, da kommt endlich einer, jetzt aber los!") Wohingegen beim Überholvorgang ohne Gegenverkehr die Gefahr besteht, dass man sich einfach täuscht und da vielleicht doch ein Auto ist bzw. gleich eins auftaucht, das wider Erwarten mit 300 km/h über die Kuppe schießt.
 

Also, Überholvorgang, teneriffa-bergauf, alter Diesel, zweiter Gang, Volllast. Ich inhaliere (ebenso unter Volllast und akutem Sauerstoffmangel) die blauschwarze Wolke, die der Wagen stehen lässt. Das ist eine Szene, die ich sehr häufig erlebe und sich mir immer wieder die Frage stellt, ob ich noch eine Welt erleben werde, in der ich mir aussuchen darf, ob ich Lust habe eine solche Wolke zu inhalieren oder ob es mir bis ans Ende meiner Tage ungefragt, unentwegt und unentgeltlich aufgezwungen wird. Das führt mich zum Exkurs im Exkurs:
Der überholende, hochdrehende Pickup als Sinnbild eines degenerativen Wirtschaftssystems, wo Energie und Ressourcen reingesteckt werden und unter Erzeugung eines scheinbar obligatorischen Schadens Produkte oder Dienstleistungen erzeugt werden. Langfristig und unausweichlich verschlechtert diese Herangehensweise die Gesamtsituation. Sprich: besonders fleißiges Wirtschaften erzeugt einen besonders großen Schaden - für alle. Dieses Modell konnte nur deshalb so erfolgreich werden, weil nur das willkürliche Anbringen von Preisschildern Dingen einen Wert zuweist. Dinge, auf denen keins klebt, gibt's umsonst (bzw. jemand anders bezahlt dafür).

Zurück zum Thema:
Nach einiger Pendelei und dem "Abgrasen" der Strände, komm ich zum Playa Diego Hernandez bei Adeje.

 

Das Wrack wurde gestern angespült




Hier war ich schon mal letztes Jahr. Das war, wie ich mittlerweile weiß, ein Nachmittag mit Springtide. Alle Badegäste mussten etwas oberhalb des eigentlichen Strands auf den Steinen kauern und ich erinnere mich noch genau, wie ich mich gewundert hab, dass dieser Strand so gefeiert wird. 

Mittlerweile kenn ich ihn besser und weiß, warum. Tolles Panorama, sehr entspannte Menschen, kein Touri-Sch***, stabiles Wetter, feiner Sand und teils gigantische Wellen.
 

Oberhalb des Strands liegt neben einem Golfplatz etwas terrassiertes Brachland, wo ich ungestört mein Zelt aufstellen bzw. tagsüber mein Fahrrad stehen lassen kann, denn zum Strand muss man auf 200 m ca. 60 m runtersteigen. Mein Rad bleibt also definitiv oben!

 


Es ist vielleicht der Hippiestrand der Insel. Viele wohnen am Strand oder in benachbarten Höhlen. Wenn ich morgens kurz nach Sonnenaufgang runterkomme, sind schon 15% der Tagesgäste anwesend, machen Yoga, meditieren oder liegen noch im Schlafsack/Zelt. Später am Tag taucht immer ein Typ auf, der einen Tisch und zahlreiche Spirituosen dabei hat und Drinks mixt/verkauft (ich erinnere hier nochmal an die 60-m-Wand). Er trägt nur Gummihandschuhe und eine Schürze 😅 Ein anderer verkauft Dosenbier, ein dritter kocht Kaffee, zwei barbusige Damen bieten Obstsalat an. Eine sehr große Familie, auffällig viele aus D, man kennt sich. Wenn ich ein Foto machen/posten würde, müsste es voller Zensurbalken sein 😊 Die wenigen "normalen" Touristen, die sich hierher verirren, nutzen den Bar-Service intensiv. Viele Musikinstrumente sind im Einsatz, am Nachmittag gibt's oft ne Bongo-Session und an den WEs nächtliche Strandparties, wo klischeehaft unvorsichtig mit Halluzinogenen experimentiert wird.


Während ich nachmittags auch unter dem Sonnensegel gegrillt werde, was mich einerseits in den Norden zieht, geh ich abends hoch zu meinem Fahrrad, das glücklicherweise noch da ist und schlag mein Zelt auf. In herrlicher Stille geht die Sonne hinter Gomera unter, bei guter Sicht kann man auch La Palma und El Hierro sehen. Bin jetzt die zehnte Nacht hier. Für diese Strandbesuche war ich erstmals seit vielen Monaten des Nomadenlebens bereit mein Fahrrad (sprich: Haus) den ganzen Tag im Freien stehen zu lassen. Was für ein wunderbarer Ort!
Bin ich schon bereit die Insel bald zu verlassen?

  



Kommentare

  1. Brokkoli - made my day ^-^

    Schön, mal wieder was von dir zu hören. Genieß die Zeit am Strand. Meer ist einfach das beste.

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