Ich werfe einen Schatten
Heute werde ich von dem knirschenden Kies eines vorbei laufenden Mannes geweckt. Er murmelt vor sich hin: "Sleeping! ...is the word in Peru." Was immer das zu bedeuten hat. Ich komme zu mir. Wenn ich letzte Nacht 20 Mal wach war, ist das nicht übertrieben. Ich hab das Gefühl schlaftechnisch nur an der Oberfläche zu kratzen. Muss mich doch zu sehr an ein Zimmer mit Bett gewöhnt haben. Zusammenpacken, aufsteigen, Radweg Richtung Südwesten.
Ich fahre an Bushaltestellen oder Schlafplätzen vorbei, die ich im Frühjahr in der Gegenrichtung als Schutz vor Regen bzw. zum nächtigen angesteuert hatte. Das liegt gefühlt eine Ewigkeit zurück. An der Wasserstelle von letztem Jahr puder ich mir die Nase. Eine Bank einige Kilometer weiter lädt zum Pausieren ein. Baguette und Camembert.
Es ist bedeckt, aber mit zehn Grad fast schon angenehm. Die zurück liegenden kalten Tage sind plötzlich ganz weit weg. Ich schöpfe Hoffnung, die Stimmung ist gut, ich erwische mich ab und zu beim Pfeifen: "Voyage, Voyage".
Am Nachmittag soll die Sonne rauskommen. Der Blick an die Wolkendecke lässt mich skeptisch zurück. Abwarten. Immer wieder durchfahre ich völlig unauffällige Passagen, die mir erstmal grundlos sehr vertraut vorkommen. Dann, eine Kurve weiter: "ach geil, bei dem Typ hab ich letztes Jahr meine Akkus geladen und mich in die Sonne gesetzt!". Der ganze Tag ist durchzogen von entweder "ah ja, hier habe ich..." und andererseits "hier war ich auf gar keinen Fall". Die dieses Mal genutzte maps.me-Route ist stellenweise ganz offensichtlich eine andere, als die von komoot. In den Matsch wurde ich bislang zumindest noch nicht gesickt! 😅
Die Sonne wagt sich tatsächlich punktuell hervor. Ich reiße die Augen auf, um den erstbesten Trocknungsparkplatz zu erspähen. In einem abzweigenden Feldweg kann ich meine Leine zwischen Baum und Gatter spannen. Die Länge reicht gerade so. Ausziehen, umziehen, Zelt aufstellen, Klamotten aufhängen.
Ich sitze die zweite Hälfte Baguette/Camembert essend im Zelt und beobachte den Himmel. Es ist heller, aber ein endloses Band an Wolken zieht vorüber. Die Sonne bekommt nicht viele Chancen. Doch dann: ich habe Sonne im Gesicht, ich werfe einen Schatten!! Über die Sonne freu ich mich Alltag oft und gerne, aber schon lang nicht mehr so wie jetzt gerade 🤗
Langsam senkt sie sich, ich packe wieder zusammen und folge ihr. Bald darauf wird's dunkel, ich halte Ausschau und überlege, ob ich heute vielleicht auf einem Bauernhof übernachte. Davon gibt's hier viele.
Am Straßenrand taucht ein verfallener Stall auf, ich schmeiß den Anker und umfahre hin. Im Gras sehe ich einen flachgedrückten Pfad, aber hier wohnt sicher niemand. Hinter dem Stall steht eine kleine Scheune, die zum Stall hin offen ist. Ich kundschafte beide Gebäude aus, finde Nudeln im Einmachglas (Nudeln einmachen?!) und eine Holzkiste mit teils ungeöffneten PET-Flaschen. Für die Nacht wird es die straßenabgewandte Scheune sein. Ich freu mich. Das ist der bisher komfortabelste Schlafplatz.
Richtig stark!
AntwortenLöschenLangsam verstehe ich auch, warum du nochmals die Strecke fahren wolltest :-)
Aber Patrick, was meinst du mit diesem Satz. "An der Wasserstelle von letztem Jahr puder ich mir die Nase." Danke für die Klärung im Voraus und weiterhin gute Beine!
Das ist die starke Übertreibung von dem, was ich eigentlich mache: Reinigung in ihrer rudimentärsten Form 😅
LöschenJa bitte auch Stellungnahme. Was hasch g'macht?
AntwortenLöschen