Hat er mich nass gemacht

Der Regen.

Echt interessant: alles, was mir im November mit viel Dusel erspart blieb, hol ich jetzt - Mitte Mai - nach. Es regnet jeden Tag und jede Nacht. Wettervorhersage: das bleibt auch so. Natürlich regnet es nicht ununterbrochen, aber die Lücken zum Sachen trocknen sind rar und sehr schmal. Von den Klamotten bis zur Isomatte ist alles feucht. Keine Wechseloption. Die Sachen sind entweder etwas oder sehr feucht. Tagsüber mach ich von Regenguss zu Regenguss Bushaltestellen-Hopping. Die wenigen trockenen Zeitfensterchen müssen zum Zelt trocknen ausreichen.
So hangle ich mich von Dach zu Dach durch den Tag. Sobald es heller wird und der Regenradar grünes Licht gibt, gehts weiter.
Ich fahre wie schon im November Kanälen entlang. Endlich Flachland! Hier mach ich die gut 700 Höhenmeter über den kompletten Tag verteilt und nicht schon bevor das Frühstück gerade zwei Stunden her ist, wie auf den Kanaren.
Wieder setzt Regen ein. Ich fahre weiter. Er wird schnell stärker. Ich lasse das Rad links des Kanals stehen und gehe über den schmalen Steg auf dem Wehr auf die andere Seite. Dort lagert Holz in einer offenen Hütte. Ich stell mich dazu und warte ab. Die Balken sind beim Trocknen erfolgreicher als ich.

 


Dann geht's weiter. Lerne einen Franzosen kennen, der mit seinem Rad durch Frankreich tourt.
Nächster Regenguss: ich stelle mich unter eine Fußgängerbrücke und versuche den beidseitig herabstürzenden Wasserfällen ferfernzubleiben. Komischerweise muss ich ständig an den Sandstrand in Teneriffa denken. 

Um die Stimmung oben zu halten, fange ich an, die Kühe zu grüßen. Ich hab heut so vielen Kühen Guten Tag gesagt, das geht - Achtung - auf keine Kuhhaut. ❄️❄️

Die nächste spontane Pause mache ich vor einer öffentlichen Toilette direkt neben einer Kirche. Es gibt sogar eine Steckdose - Handy laden.
Der Regen lässt nach, die Sonne kommt sogar raus! Keine zwei Minuten später habe ich mein nasses Zeug auf dem nassen Rasen verteilt. Sieht jetzt aus wie ein Basar mit Kassenhäuschen. Zehn Minuten später ziehen schon wieder Wolken vor die Sonne. Es beginnt zu tröpfeln. Ich packe das Zeug wieder ein. Feuchtigkeitstestgriff: naja, zumindest besser als vorhin. Der Himmel ist in allen Richtungen sehr inhomogen bewölkt, ein sehr unsteter Zustand. Schwer zu sagen, was als nächstes kommt.
Der Regenradar gibt mir eine dreiviertel Stunde bis zum nächsten Aufguss. Erneuter Blick an den Himmel: könnte klappen. Ich steig in die Pedale. 

Keine fünf Minuten später regnet es. Noch etwas später haut es runter wie aus Eimern. Die Kühe, die sonst entspannt im Regen liegend wiederkäuen, drängen sich eng um die wenigen Bäume, die auf ihrer Weide stehen. Auf der Autobahn, die ich quere, fahren keine Autos, sondern weiße Gischtwolken. Viel zu spät (nach knapp 10 min.) finde ich eine Bushaltestelle zum Unterstellen. Bis dahin läuft mir schon das Wasser aus den Ärmeln und meine Schuhe sind Kneipp-Bäder. Ich überlege mir kurz, ob ich mir bei der Gelegenheit schnell die Haare waschen soll, setz mich dann aber auf die Holzbank. Ein brauner Bach fließt vor mir am Straßenrand entlang.

Dann hört der Regen wieder auf. Der Regenradar zeigt an, dass gleich die Fortsetzung kommt. Auch der Blick zum Himmel ist alles anderes als vielversprechend. Erneuter Regen. Dann klart es wieder auf.
Im weiteren Verlauf des Tages hat es noch drei Mal angefangen und wieder aufgehört.

Am Abend kommt tatsächlich die Sonne raus - und bleibt. Sperrstunde. Ich baue mein Zelt neben einem Bach auf. Finde noch drei Schnecken, die ich jetzt schon zweimal zusammen mit dem Zelt verpackt hab. Für heut Nacht bis morgen Vormittag ist Regen vorhergesagt. Wenig überraschend. Aber jetzt ess ich erstmal mein Abend-Baguette mit Sonne im Gesicht.

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