Ticket einlösen
In dem ungeheizten südspanischen Zimmer hatte ich heut morgen auch nur 13 Grad. Dennoch eine vergleichsweise sehr angenehme Nacht. Ich packe meine Sachen, sattle mein Rad und fahr durch die Morgensonne. Proviant für die Reise einkaufen, plus Sonnencreme aus der Apotheke zu einem stabilen Apothekerpreis. Ich setz mich wieder an die Strandpromenade und frühstücke ein zweites Mal. Es ist mittlerweile 12:00, ich breche auf Richtung Hafen.
Den Ablegeort in Sichtweite, mach ich nochmal Pause und trockne mein Zelt. Das geht heut sehr schnell in der Sonne. Ich mach mich auf die letzten Meter, ziehe meinen Helm nicht nochmal auf und komme wieder zu den Wachhäuschen und den Schranken. Ich halte vor der Schranke und krame mein Ticket raus. Der Polizist wartet geduldig. Erst bei Sichtung des Tickets gibt er mir zu verstehen, dass er es eigentlich nicht sehen will, sondern sagt "helmet". Ich habe ein großes Fragezeichen im Gesicht und bewege den am Lenker befestigten Helm in Zeitlupe mit fragendem Blick Richtung Kopf. Sein Gesicht hellt sich auf, die Schranke öffnet sich. Es geht entlang des Ufers zurück nach Nordwesten. Ein Zaun trennt mich vom Kai, wo die Fähre liegt. Das sonore Wummern der Dieselmaschinen (es ist Gas, wie ich später lerne) erhebt sich knapp über Infraschall. Auf der Höhe der Fähre führt ein Tor nach links Richtung Wasser, ein weiterer Wachmann weist mich allerdings an dennoch geradeaus weiter zu fahren. Vielleicht weil ich einen Helm trage. Einige hundert Meter weiter stehen bestimmt acht Zollbeamte vor einem Kreisverkehr und scheinen nur auf mich zu warten. Gut, vor und hinter mir ist auch sonst niemand. Die Gegenspur ist nun durch Betonklötze abgetrennt, die ca. einen Meter Abstand zueinander haben. Ich lasse die Herren wissen, dass ich eigentlich vorhatte mit der Fähre zu fahren, an der ich eben vorbei gekommen bin. Ich könnte zwar leicht mit dem Rad durch die Absperrungen auf die Gegenspur und damit zurück zur Fähre gelangen, jedoch deutet man mir den Weg durch den Kreisverkehr vor mir. Da ich keine Lust habe, die Kollegen auf die Idee zu bringen mich zu "searchen", fahre ich brav wie ein Zirkusäffchen in der Manege durch den Kreisverkehr. Vermutlich hat jemand in diesem Augenblick eine Wette gewonnen 😂
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Anfahrtsskizze |
Ich fahre schließlich zu dem Ticketoffice, wo ich gestern schon Mal direkt und eben schon Mal in der Nähe war. Obwohl es erst zwei Stunden vor Abfahrt ist, werde ich nach kurzem Warten zusammen mit zwei weiteren Personen und einem Hund an Bord geführt. Mein Rad stelle ich kurz nach der Rampe an der Bordwand ab und entnehme den Taschen diejenigen Dinge, von denen ich glaube, sie in den nächsten 38 Std. gebrauchen zu können - also ne Menge. Ein netter Hafenarbeiter erweitert meine Sicherung gegen umfallen des Rads durch einen weiteren Gurt (mit dem man sonst eher LKW Ladung sichert) und meint, ich solle am Check-In Schalter 5 vorstellig werden. Rolltreppe (!), langer Flur, Treppe, Schalter 5. Ich reihe mich in die Schlange weiterer Fahrgäste. Als ich an der Reihe bin, lege ich meinen Ausweis vor, sie findet meinen Namen aber nicht auf der Liste. Ich helfe mit beim Suchen unter den Anfangsbuchstaben T, L und A 😅
Dann wird klar, dass ich als Holzklasseticketinhaber (Sitz) hier falsch bin. Ich muss nochmal rauf und den Gang runter. Dort wartet ein ausladender Raum auf mich, breiter als lang und ähnlich, aber platztechnisch großzügiger bestuhlt als ein Flugzeug. Abgezählte 112 Plätze, wovon ca. 10% benutzt werden. Ich suche mir einen Doppelsitz neben einem salzverkrusteten Fenster. Selbstverständlich setzt sich ein noch in der Ferne hörbares Pärchen direkt hinter mich. WLAN gibt es zwar, kostet aber extra. Nicht zuletzt um bloggen zu können, gönn ich mir den Spaß. Gibts halt heut Abend nichts zu essen 😅 Ich geh raus auf Deck, die Sonne senkt sich etwas. Abfahrt in - vor einer halben Stunde. Es kommt etwas später noch ein LKW angerauscht, dessen Auflieger von der Hafenzugmaschine übernommen und dann virtuos auf die Fähre manövriert wird. Das hat der sicher schon ein, zwei Mal gemacht. Wirkte ein bisschen wie Eiskunstlauf auf mich 🙈 Der letzte LKW war offenbar der Grund für die Verzögerung, denn jetzt wird die Rampe hochgefahren und wir legen ab. Mittels Querstrahlsteueranlage legt die Fähre einen gekonnten "180" hin und dann geht's ab nach Süden. Wahnsinn, wie die Maschine das komplette Schiff heftig zum Schwingen bringt. Da musste wohl jemand beim Wuchten schnell Feierabend machen 😊 Das wird die erste größere Strecke sein, bei der mein trusty Rad keine Rolle spielt.
Benachrichtigung hat funktioniert. Konnte sogar direkt in der Email deinen Beitrag lesen! 🤗
AntwortenLöschenIch denke, gemäß Zeichnung, haben die Cops gewettet, ob du echt einen Phallus fahren wirst.
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