Portugal

 ...das (von mir) gelobte Land 🙂

Nachts fing es zu schütten an, der Lärm der Wassermassen hat mich geweckt. Ich liege im Zelt und traue meinen Ohren nicht. Das ist Regen?! Plötzlich legt die Intensität nochmals deutlich zu! Es klingt wie sich nie leerende Badewannen, die man über der Dachkante auskippt. Wenn das Geräusch nicht großflächig von drei Richtungen kommen würde, hätte ich gesagt, ich zelte neben einem Wasserfall.

Ich denke wieder so Dinge, wie "wow, was für ein Glücksfall, dass ich das Dach gefunden habe!" Es ist einfach nur ein Dach und ich bin glücklich! Ich wäre sonst wahrscheinlich mit dem kompletten Zelt im Matsch davon geschwommen.

Ich verabschiede und bedanke mich nochmals. Es regnet etwas, Poncho an. Weiter nach Westen, über Mérida nach Badajoz. Mein linkes Knie macht Zicken, aber sonst läufts gut.

Ich genieße es, wie jeder einzelne Kilometer vor mir neu ist und jeder hinter mir womöglich für immer Vergangenheit bleiben wird. Mein Ziel zieht mich an, wie ein Magnet. Jetzt kommt der Stahlrahmen endlich zum Tragen 😅

Ich erreiche Mérida.
Um 12:00 steh im Mercadona an der Kasse. Ich bin völlig durchgeweicht und hab meine "gilet jaune" anbehalten. Mir ist alles egal 😆Den Laden mag ich, weil er, wie ich zwischenzeitlich rausgefunden habe, Spaniens geilste Doppelkekse hat. Will nicht wissen wieviel Kilo ich auf der ganzen Tour bereits gegessen hab. Wenn die eine Rolle auf die Hälfte geschrumpft ist, hol ich die nächste. Bei der Nahrungsaufnahme ist die kleinste Mengeneinheit das halbe Pfund.
Ich esse stehend in der Tiefgarageneinfahrt, da wärmer als draußen und trocken. Brot (ein halbes), Avocado, Joghurt, Banane, Croissant und süße Stückchen.

Weiter gehts. Der Regen lässt zeitweise etwas nach. Stoisch dreh ich die Kurbel. Immer wieder, zuletzt gestern im "Hornbach" schaue ich mir eine Strecke auf der Karte an. Dann seh ich mich als winzig kleinen Radfahrer und denke, "hui, ist schon ein Stück". Am nächsten Tag auf der Strecke stell ich dann immer wieder fest: wow geil, das ist doch tatsächlich machbar!

Ich erreiche Badajoz. Ich bin zwar fertig, aber der Tag ist zu jung zum Zelt aufschlagen und im Regen pausieren ist auch nicht so witzig. Zudem ist hinter der Stadt die Grenze. Ich bin heiß! 😃 Ich stell mir vor, dass die Sonne scheint, sobald ich in Portugal bin und alles schön ist. Mir ist natürlich klar, dass das nicht der Fall sein wird, aber der Gedanke gefällt mir.
In der Uni am Ortausgang lauf ich mit zwei leeren Wasserflaschen durch den Flur. Ein Hörsaal ist offen, der junge, sichtlich genervte Professor läuft mir hinterher und spricht mich an. Ich lächle: "agua?" Er nimmt die Flaschen und heißt seine Studentinnen (es waren tatsächlich nur -innen) an, sie zu füllen. Ich bedanke mich und gehe. Mein Rad lehnt vor der Tür an einer Bank. Zu Beginn der Tour hab ich es wegen 5 min Abwesenheit abgeschlossen und meine Wertsachen mitgenommen. Mittlerweile stell ich es (in Situationen wie diesen) einfach nur ab und lauf weg. Die zweite Variante macht mehr Spaß!

Ich verlasse die Stadt und schaue mich nach Hinweisen auf einen anstehenden Grenzübertritt um. Ich weiß nicht wie weit die Grenze hinter der Stadt liegt. Ich sehe ein tourist office am Straßenrand. Kurz drauf stell ich fest, dass ich schon in Portugal bin. Ich habs ernsthaft nicht bemerkt 🤣 Geil, ich bin noch nie in eine andere Zeitzone geradelt! 🕺
Die erste Stadt heißt Elvas. Beeindruckender Aquädukt, 7,5 km lang! Was für ein massiver Hinweis darauf, welche Rolle Wasser tatsächlich spielt. 

 


In die Richtung, aus der das Wasser floss, fahre ich - bergauf. Ich suche nach Dächern o.ä. Auf den Wiesen steht nach der letzten Nacht noch das Wasser in teichgleichen Pfützen. Von links vorne strahlt mich heut erstmals die Sonne an, nahe dem Horizont. Blaue Flecken am Himmel. Rechts dunkle, bedrohlich tief hängende Wolken.
 

Wieder überall Weiden und Zäune. Die Schlafplätze sind hier den Kühen vorbehalten. Ich fahre über eine Kuppe und sehe im Tal links und rechts der Straße Gebäude. Beide sind zugänglich. Rechts nicht so einladend, links ein Dach! Ich liebe das so! In einem Moment auf der Suche, das Licht schwindet, die Knochen schmerzen und keinen Schimmer wie lange ich noch suchen muss. Im nächsten Moment: mein zu Hause! ☺️

 




Kommentare

  1. Man wird doch sehr zufrieden mit dem , was einem so geboten wird...(Unterkünfte etc.)alle Achtung,
    wie Du das so machst...und schon in Portugal!! Da trink ich ein Sektle auf DICH!!!

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  2. Muss man schon Fragen was kommt danach, wenn du jetzt schon (Turbo schnell) in Portugal bist? RESPEKT Pat!

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  3. Ich würde dich gerne wieder mit Sie anreden wollen. Herr Dalmon! Hochachtungsvollen snappus!

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  4. Hallo Patrick! Ich bleib dabei: wenn du noch schneller wirst brauchst du ein Hitzeschild :-)

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  5. Junge Junge, ich seh schon wie es nach Portugal direkt weiter nach Sizilien geht und im Sommer dann ans Nordkap :D Stahlrahmen ist bei deinen Cojones halt auch zwingend nötig :)

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  6. Ich ich denk nur, warum ich so leichtfertig schon nach 5km in Stuttgart ausgestiegen bin... 😃😃 Aber mit dem Tempo und Willen kann glaub niemand mithalten. Den größten Respekt per Luftpost nach Portugal!

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