Heute hat irgendwas gefehlt...
Ach ja, stimmt ja! Haltet Euch fest! Sage und schreibe ein Tag ohne platten Reifen!
Die Nacht im Bungalow war nicht viel wärmer als im Zelt. Das Gebäude war völlig durchgekühlt. Die Rezeptionistin hatte mir noch einen mobilen Heizkörper vor die Tür gerollt. Der lief die ganze Nacht am Fußende meines Betts auf Pmax. Hat so mittel geholfen.
Am nächsten Morgen fahr ich erst um 10 Uhr los, draußen ist es immernoch ausreichend kalt. In Ciudad Real geh ich zum Decathlon und kaufe Schläuche. Draußen treffe ich auf einen Radfahrer, der mich spanisch zutextet. Ich sage ihm, dass ich ihn leider nicht verstehe. Er wechselt ins englische: "where do you come from?" und zeigt auf mein Rad. Auf meine Antwort zollt er mir auf seine Art Respekt: er packt sich massiv in den Schritt, lacht und betritt breitbeinig den Laden. Da ich mich in der Stadt befinde, gehe ich auch gleich einkaufen. Ich pack den Rucksack voll: 27€. Das wäre für mich in Deutschland ein Wocheneinkauf kurz vor den Feiertagen. Wir können uns gemessen an den Einkommen in Deutschland wirklich nicht über teure Lebensmittel beschweren.
Es geht heute wieder in langen Wellen voran. Dabei mach ich viel mehr Höhe, als mir meine App heute morgen gezeigt hat. Die Landstraße ist zwar asphaltiert, aber in schlechtem Zustand. Ich "balanciere" weite Teile auf der weißen Linie. Die hat noch den besten Rz-Wert. Ich wechsle die Landstraße, der Belag wird besser. Ich winke ein paar Arbeitern, die am Straßenrand Pause machen. Sie feuern mich lautstark an.
Auch hier wieder vorwiegend lange Geraden. Wenn mal eine Kurve kommt, wird mit zahlreichen, teils blinkenden Schildern davor gewarnt, es folgen Geschwindigkeitsbeschränkungen und speedbumps. Ich denke dann immer, weiß Gott, was da jetzt für eine Haarnadel kommt und dann seh ich z.B. eine superlange Links (Kurvenausgang sofort sichtbar!), die Tim Schrick im vierten quer durchfahren würde.
Ich komme immer höher. Über mir kreisen acht Greifvögel. Der garstige Gegenwind nimmt mit der Höhe zu. Die Pflanzen am Straßenrand scheinen sich vor mir zu verneigen. Ich liege fast permanent auf den Unterarmen, um meine Stirnfläche zu verkleinern. Die Druckwelle, der für mich unhörbaren LKW, die von hinten angeballert kommen, drückt mich als schier in den Graben. Mein Hintern schmerzt! Andere Radfahrer berichten mir immer wieder, das gehe nach einiger Zeit weg. Bei mir ist das exakt noch so, wie es zwischen Stuttgart und Karlsruhe war.
Ich komme an einem Pinienwäldchen vorbei, in dem ich sofort mein Lager aufschlagen würde, wenn es schon soweit wäre. Akustisch kündigt sich ein Kurbellagerschaden an. An einem sonnigen, windschattigen Plätzchen mache ich Pause. Sofort wird es deutlich wärmer. Ich ziehe die obere Jacke aus und mache den Rucksack leichter.
Ein gute, zähe Stunde später komme ich in ein Dorf. Der Wasserspender ist abgestellt. Es ist wie in den meisten Dörfern nahezu nichts los. Ich fahre nach dem Ortsausgang noch ein Stück auf einer verlassenen Landstraße und suche nach Schlafplätzen. Während heute links und rechts der Straße meist Zäune standen, ist hier alles offen. Unweit einer blökenden Schafherde schiebe ich mein Rad ein paar Meter in die Wiese und stelle mein Zelt "selbstbewusst" bei Tageslicht unter einem Baum auf. Später kommen ein paar Autos vorbei. Meine Wäsche hängt schon. Die Fahrer drehen nicht mal den Kopf.
Ich bin runter auf 550 m. Heut Nacht zieht der Himmel zu. Tiefswert 9°C - easy 😊 Die Kehrseite dieser wolkigen Medaille: Das sind die Vorboten eines massiven Regenbands, das sich von Südwesten hocharbeitet. Morgen Nachmittag pack ich Mr. Poncho aus.
P.S.: Hatte ich schon erwähnt, dass ich auf dieser Tour ausnahmslos überall (zumindest recht) gutes Netz hatte?
Turbo Patty, hört sich alles aufregend an...Platten könnten Dir allerdings erspart bleiben,
AntwortenLöschenaber was solls...stell Dir mal vor,mir würde so etwas passieren...weiter Gute Fahrt...
Bin immer noch so begeistert, wie zu gleich beeindruckt von deiner Tour😉 weiter so mit viel Luft im Reifen und ordentlich Druck auf der Kette >250W
AntwortenLöschenDie Tour an sich ist schon beeindruckend, deine Geschwindigkeit ist der Hammer.
AntwortenLöschenIch wünsche dir überwiegend trockene Tage bis du in Lissabon ankommst
"Der lief die ganze Nacht am Fußende meines Betts auf Pmax"
AntwortenLöschen"Die hat noch den besten Rz-Wert"
"die Tim Schrick im vierten quer durchfahren würde."
Mir ziehts den Stecker ;-)
Super Berichte und toller Trip!
Das mit dem handynetz hat mich echt erstaunt. Hier in D reicht es ja schon aus einer Stadt rauszufahren und man ist wieder bei "E"...
Gute Fahrt weiterhin!
Ein Hoch auf unseren Europadurchquerer, 🧔 immer einen coolen Spruch auf der Lippe obwohl der Hintern AUA schreit und die Technik sich mit Rad und Rahmen wehrt.
AntwortenLöschenDu darfst Dir mit Recht an die Eggs gehen und ordentlich dran rütteln, aber nicht zu oft, drei mol gschüttelt isch oi mol gw..xt. 😱 🤣
Mann, Mann mein Respekt vor Dir wächst von Tag zu Tag, von Platten zu Platten. Es ist nach wie vor toll deinen Abenteuern zu folgen. Brandy
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