Paris
Nach einem Abstecher durch den Park in Versaille, taucht irgendwann der Eiffelturm am Horizont auf. Paris. Endlich. Ich mag diese Stadt sehr! Als ich das erste Mal hier war, war ich vermutlich Grundschüler. Mein Vater hat mich mit auf eine Geschäftsreise genommen. Damals war ich das erste und einzige Mal auf dem Eiffelturm. Ich kann mich zumindest an kein zweites Mal erinnern. Selbstverständlich bestand ich drauf nicht den Aufzug zu nehmen, weil ich wissen wollte, wie viele Stufen es bis nach oben sind. Hab's aber zwischenzeitlich wieder vergessen 😅
Weil wir den ganzen Tag auf den Füßen waren, hat er mich in einem Café an einem der großen Kreisverkehre, an dem die Straßen in sechs oder acht Richtungen wegführen, vor eine Cola gesetzt und dem Kellner Bescheid gegeben. Er wollte das Auto holen und mich dann dort abholen. Natürlich ist mir schnell langweilig geworden, so hab ich in meiner unendlichen Naivität beschlossen meinem Vater ein Stück entgegen zu laufen - selbstverständlich in die falsche Richtung. Selbst wenn ich einen guten Orientierungssinn gehabt hätte, die Chancen standen einfach gegen mich. Nur mit viel Glück wurde ich gefunden.
Seither war ich schon sehr oft hier, mit dem Auto, mit dem Zug, mit dem Flugzeug. Es war also an der Zeit, dass ich mal mit dem Fahrrad komme. Das ist auch eine gute Gelegenheit die neuen Radwege unter die eigenen Räder zu nehmen, von denen ich gelesen habe. Die Frau Bürgermeisterin Hidalgo macht sich mit großem Erfolg bei den Autofahrern unbeliebt.
Bevor ich zum Campingplatz im Westen der Stadt fahre, gehe ich nochmal einkaufen. Der Campingplatz ist groß, hat aber nur zwei kleine Bereiche, die für Zelte vorgesehen sind: einer an der Seine (voll) und einer gegenüber liegend an der Straße (reichlich Platz). Ich habe das günstigste Programm gewählt, eine Person, ein kleines Zelt. Die Frage mit oder ohne Strom stellt sich gar nicht. Preis für zwei Nächte...Trommelwirbel ... 64,8€ 🙄 Ist halt Paris 😅
Am ersten Tag mach ich eine gut 40 km Tour durch Paris. Fantastisch! An manchen Stellen kann ich aus drei Radwegen in die gleiche Richtung auswählen: die Radspur auf der Straße, den Radweg auf dem Gehweg oder den Radweg an der Seine. Die Rue de Rivoli ist in weiten Teilen nur noch einspurig mit dem Auto befahrbar, daneben gibt es zwei durchgängige, zweispurige Radwege.
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😅 Nein, ist nicht mein Zelt |
Eine Zählstation hat bereits in diesem Jahr fast eine Million Radfahrer erfasst. Vor wenigen Jahrzehnten absolut undenkbar so eine Zahl, damals war Radfahren in Paris eher ein Himmelfahrtskommando. Ich fahre ohne konkreten Plan durch die Stadt, kaufe mir drei Baguettes und esse eins davon am Seine-Ufer. Weil ich wegen des Verkehrslärms trotz Ohropax schlecht geschlafen habe, nicke ich auf einer Parkbank ein und weiß beim Aufwachen nicht mehr, wo ich bin. Am Abend treff ich eine alte Freundin, die mir auch bestätigt, dass die Pandemie (wie bei uns auch) beim Umbau der Stadt geholfen habe.
Nach der zweiten (lauten) Nacht gehts los. Einmal quer durch Paris von West nach Ost. Ich muss aus der Stadt kommen, um irgendwo schlafen zu können. Ich hab kein Gefühl wie weit ich dafür fahren muss. Und gewohnheitsmäßig gehe ich natürlich etwas zu vorsichtig an die Sache. Dann bin ich aber wirklich erstaunlich schnell und fast ausschließlich auf Radwegen einmal quer durch die Stadt gefahren. Vielleicht 90 Minuten. Am Ostende der Stadt geht es über weite Strecken am Canal de l'Ourcq entlang. Schon da hätte ich einige Optionen gehabt das Zelt aufzustellen, was aber gar nicht notwendig ist, weil der Tag noch jung ist.
Später werde ich wieder auf einen Feldweg geschickt, der qualitativ immer schlechter wird und irgendwann vor einem Feld endet. Ich drehe erst durch dann um und nehme eine Abzweigung auf einem ebenso katastrophalen Feldweg Richtung parallel verlaufender Straße. Bis zum Schluss kann ich nicht sehen, ob mich der Weg tatsächlich bis zur Straße führt oder auch irgendwo endet und ich dann tatsächlich mehrere Kilometer zurück fahren muss. Er führt bis zu Straße: vierspurig, baulich getrennt. Leider muss ich nach links.
Irgendwann durchfahre ich Meaux, gehe in einem Supermarkt einkaufen, in dem alle Kühlregale abgeschaltet und leer sind und schlage östlich der Stadt mein Zelt auf. An einer Stelle, von der aus es noch 499 km bis nach Hause sind 🙂
Davon, wie Anne Hidalgo Paris zur lebenswerten Stadt umbaut, habe ich schon viel gehört. Fast die Hälfte der Parkplätze werden abgebaut, dazu Tempo 30 in der gesamten Innenstadt. Schön, dass du durchgefahren bist und einen so detaillierten Bericht geschrieben hast. Scheint ja tatsächlich zu funktionieren mit der Mobilitätswende, wenn man die richtigen Leute machen lässt.
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