Nantes
Es gab kein nächtliches Klassentreffen. So konnte ich gemütlich schlafen und in aller Ruhe den neuen Tag beginnen. Mittlerweile weiß ich, dass dort auf Tontauben geschossen wird.
Nach diversen km auf weiteren Geraden geht es mit der Fähre über die Gironde nach Royan. Weil ich mittlerweile dringend waschen muss, such ich mir einen Campingplatz in Rochefort. Sehr netter Empfang, ich werde zum Zeltplatz eskortiert, kann duschen, wlanen und waschen. Das alles für einen unschlagbaren Preis von 7,45€ 💪 Simone, mit Lastenrad und Hund unterwegs checkt eine Minute nach mir ein.
Ich kann die Auscheckzeit von 1200 etwas nach hinten schieben, weil meine Wäsche noch nicht ganz trocken ist.
Das anschließende Stückchen von Rochefort nach La Rochelle ist eine Katastrophe. Für motorisierte Fahrzeuge sind es laut maps.me 33 km, auf dem Fahrrad muss man über 37 km (immerhin +12%) konfus um die Landstraße rumgondeln und tatsächlich gefahren bin ich 40. Ein ununterbrochener Wechsel der Richtung, ständig muss ich aufs Handy schauen, wo es hingeht, weil oft keine Schilder. Oder sinnlose Schilder wie "Collège" (nicht hilfreich! ...aber das war dann die richtige Richtung 🤣). Radweg-Start, Radweg-Ende, Straße queren und während ich fünf Sekunden einhändig mit Handy in der Hand fahre, rumpel ich unkoordiniert über vier Wurzelaufwürfe. Katastrophaler Asphalt, schon nach 10 km sind mein Hintern und meine Handgelenke in Stücke zerf...allen. Dann on top noch speed bumps über die komplette Breite der Straße (ich mein, nur fünf cm Unterbrechung würden mir reichen). Nicht diese geschwungenen Hügel, eher Wälle! Vor der Kreuzung ein Dutzend an der Zahl. Die müssen natürlich entsprechend hoch sein, um sich vom Gerumpel der restlichen Straße abzuheben. Ich fahr mit Schrittgeschwindigkeit über diese rechtwinkligen Objekte, die man mit viel gutem Willen schon Mäuerchen nennen könnte und hoffe bei jedem Schlag, dass mein Rad das mitmacht. Kreuzung überfahren, auf der Gegenseite das gleiche nochmal. Das Ganze garniert mit zünftigem Westwind. Zum Abgewöhnen!
Aber La Rochelle war schön ☺️
Am Abend biege ich rechts ab und schlafe auf einer Wiese im nowhere. Drei Zecken versuchen in mein Zelt zu klettern. Ich halte sie nachhaltig davon ab. In der Ferne grasen ein paar Kühe, die mich gänzlich ignorieren. Die Wiesen-Nächte sind wegen der Feuchtigkeit immer kalt, ein weiteres Argument für meinen Favoriten, bei dem ich auf Nadeln gebettet unter Pinien schlafen kann.
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Sieht fluffig aus, ist oft aber sehr uneben |
Der nächste Tag plätschert unaufgeregt vor sich hin. Etwas befahrenere Landstraßen, dann wieder ruhigere Nebenstraßen, mal ein Dorf. Ich kaufe das 28. und 29. Baguette, später 30 und 31😅 Asphalt auch wieder besser, plus die Sonne scheint erneut. Viele Felder links und rechts, immer wieder Kühe. Die Nebenstraßen sind oft von Eichen gesäumt. Grüne Spannerraupen hängen in Scharen von den Bäumen - wie das Lametta bei den (frühen!) Hoppenstedts 😅 Da die Nebenstraßen nur für Fahrzeuge unter 3,5 t zulässig sind, bin ich der größte (oder wie mein Vater in dem Kontext immer zu sagen pflegte: "der längste, nicht der größte") Verkehrsteilnehmer und mir fällt die ehrenhafte Aufgabe zu, die Viecher mit meinem Körper aufzusammeln. Wie eine Bowlingkugel kegel ich durch die "Pins". Heute fahre ich mal nicht wegen der Schlaglöcher und Bodenwellen wie ein Irrer Slalom, zudem ducke ich mich hektisch und ununterbochen. Die Autofahrer hinter mir werden sich auch ihren Teil gedacht haben 😅 Trotzdem bin ich nach jeder Eichengruppe mit Raupen verziert. Auf dem Trikot, auf der Brille, in den Haaren rutschen sie rum. Noch ne Stunde später beim Einkaufen wisch ich mir eine aus dem Nacken.
Ich erreiche Nantes. Werde von einem ebenfalls Fahrrad fahrenden Paar angesprochen, die auch manchmal längere Touren machen und mir kurzerhand anbieten bei ihnen schlafen zu können. Ich lehne dankend ab, ich möchte mir im Norden außerhalb der Stadt einen Schlafplatz suchen.
Neben einem Waldstückchen liegt ein Feld, das wohl mal zum Fußball spielen gedacht war, aber ungemäht und unmarkiert ist. Tore gibt's auch keine. Fußball wurde hier jedenfalls lange nicht mehr gespielt. Da sich die Windräder heute am Horizont wieder züging im GUZS gedreht haben, bin ich froh, nicht noch weiter suchen zu müssen. Mein Hintern und der Sattel hatten heute keinen guten Tag miteinander. Ich setze mich am vermutlichen Spielfeldrand in die Sonne, esse und warte bis sie untergeht. Dann schlag ich mein Zelt auf der westlichen Seite des Spielfelds auf. Mit der Sonne hab ich zur Zeit Glück 🙂
Haha dein Sattel hat im wahrsten Sinne des Wortes wohl die A-Karte:-)))
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