Hundsgewöhnliche Kanarenradtour

Seit drei Tagen befinde mich auf einer Inselumrundung im Uhrzeigersinn. Gestern Nacht habe ich im NW geschlafen, in der Gegend, in der ich letztes Jahr schon einmal war. Dort, wo die Wellen den Boden vibrieren lassen.


Letztes Jahr war ich zu faul noch etwas weiter (und höher) bis zum nordwestlichsten Inselzipfel zu fahren. Dieses Mal bin ich zwar motivierter, muss dann aber feststellen, dass die einzige Straße in den äußersten Inselzipfel gesperrt ist. Ich bleibe also in bekannter Umgebung.

 

Tunnel der gesperrten Straße

Also Plan für heute: eine ganz normal Kanarenradtour entlang der Nordküste Teneriffas.

Um 0900 gehts los, Meeresniveau, gute Temperatur: 17 Grad.
0920: die ersten Schweißtropfen lösen sich von meinem Gesicht. Ich peile über den Daumen wie viele Liter das heute noch werden im Angesicht der Tatsache, dass die Sonne erst vor anderthalb Stunden aufgegangen ist und im Verlauf des Tages noch "geringfügig" höher steigen wird. (Etwa so hoch wie sie es in Stuttgart am 3. April tun wird.)

 


Ich bewege mich weg vom Meer, also bergauf auf ca. 140 m, dann zurück auf Meeresniveau, danach geht's auf gute 200 m. Am Straßenrand taucht eine Quelle auf, die es hier im Norden erfreulicherweise häufiger bzw. überhaupt gibt. Ich fülle meine Wasserflaschen und mich auf.
Die letzte Quelle, die ich gesehen habe, war auf einem Picknickplatz, der mit Polizeisperrband gesperrt war. Allerdings hing das Band großflächig nur noch in Fetzen. Ich picknicke also - alleine. Prompt fährt die Polizei vor. Ein Mann und eine Frau. Sie erneuert das Band an einem der beiden Eingänge, er bleibt im Auto sitzen. Sie kommt auf mich zu und sagt direkt in englisch, dass der Platz gesperrt sei. Ich solle noch in Ruhe fertigessen und mich dann auf den Weg machen. Sie erneuert die Absperrung an Eingang 2 von 2. Ich bin eingesperrt 😂 Später stellt sich aber raus, dass ich mit einem gekonnten Fahrrad-Limbo durchkomme.
 

Wieder runter auf 80 m. Frühstück in der Sonne auf einem ruhigen Kirchenvorplatz. Der verschneite Teide ist im Dunst zu erkennen.

 

Mann muss womöglich genau hinschauen

Die Inselbewohner machen aus der Tatsache, dass auch unterhalb des Gipfels (3700 m) Schnee liegt, ein Happening, weil ihre Kinder oft noch nie welchen gesehen haben. Kürzlich gab's einen Stau auf der Teide-Zufahrt. Schnee liegt auf dem Hochplateau bei gut 2000 m wohl nur alle paar Jahre. Interessant, dass das in den zwei Jahren, die ich war, beide Male der Fall war.

 
Oh ja richtig, Frühstück, tatsächlich: ich bin zwei Stunden radgefahren und frühstücke jetzt erst. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte ich gewettet, dass ich bei dem Versuch sterben würde. Ist vermutlich das erste Mal in meinem Leben, dass zwischen Aufstehen und fruhstücken so eine Zeitspanne vergangen ist. In der Regel sind es keine fünf Minuten. Nicht selten frühstücke ich schon vor dem Aufstehen 😅

Ich hoffe, die Teneriffa-Kids machen ihre Schneeerfahrung früher, als ich meine Late-Frühstück-Premiere.
Wieder rauf auf über 200 m. Ich biege ab nach Puerto de La Cruz. Dieser Schlenker wäre für die Küstentour nicht unbedingt nötig gewesen, ich will mir aber die Stadt (nochmal) ansehen. Der Name verrät's schon: es geht wieder auf Meeresniveau. 

 



Eine gute Stunde nach dem Frühstück lass ich mir eine Pizza raus. Erstes Highlight des Tages. Herrlich! Ich überlege mir kurz, ob ich noch eine zweite bestellen soll, entscheide mich dann aber dagegen.
 

Am Strand spricht mich ein älterer Herr an, der sein T-Shirt hochgeschoben hat und stolz seine Plauze bräunt. Wir reden natürlich über's Radfahren und Ausrüstung und so. Die hinter ihm sitzende Frau fängt an zu lächeln und nickt immer wieder. Ist das seine Frau? Wieso sitzt sie schweigend hinter ihm? Das Gespräch wird irgendwie zu einem Gruppengespräch, auch wenn sie es beim Lächeln und Nicken belässt. Nach einigen Minuten wünscht sie alles Gute, verabschiedet sich und geht. Er deutet kurz an, sich nach ihr umzudrehen, tut es aber nicht wirklich und spricht weiter. Mir ist immernoch nicht klar, ob das nun seine Frau war 😅
 

Kurz vor zwei, ich verlasse die Stadt und kurble mich auf 300 m.
Kurz nach drei: Nach einer Kuppe finde ich einen Supermarkt und gehe einkaufen. Knapp fünf Liter Flüssigkeit. Direkt danach fahr ich durch einen lokalen Tiefpunkt bevor es weiter auf 500 m geht. Auf diser Kuppe gibt es eine Quelle direkt am Straßenrand. D'oh! Über 10000 J verschenkt. Das klingt nach so viel, entspricht aber ungefähr 6 ml Cola 🙂 Ich fülle wieder alles auf, kühle meinen Kopf unterm Wasser (zweites Highlight des Tages), wasche mich und mein Trikot und esse Brot und Käse...auch irgendwie Pizza.
Im noch feuchten und damit herrlich kühlen Trikot geht's bergab. Leider nur auf 450 m, dann nochmal hoch auf 540. Ich hab immernoch Schwierigkeiten mit den Maßstäben der hiesigen Topographie klarzukommen. Ich weiß nicht wie es Euch geht, aber wenn ich eine Stunde bergauf fahre und dann eine Kuppe sehe, gehe ich ohne weiter drüber nachzudenken einfach davon aus, dass es DIE Kuppe ist. Ich liege mit diesem Gefühl immernoch mit beeindruckender Regelmäßigkeit daneben 😅
 

In Tacoronte biege ich links ab und rolle die letzten zehn Kilometer für heute zurück ans Meer.



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Ankunft

Schafe

POT - Der Film :-)