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Es werden Posts vom August, 2021 angezeigt.

Noch zwei Stationen

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Die Hochsitze blieben offenbar unbesetzt, denn ich konnte unbehelligt die ganze Nacht schlafen. Erneut packe ich alles nass zusammen. Zum Einstieg geht es erstmal 150 m runter und danach gleich wieder 150 m rauf. Der Wind pfeift mir auch heute ins Gesicht. Noch immer weiß ich nicht, ob heute ich heute Nacht nochmal im Zelt oder in einem Bett schlafen werde. Ich schau mal, wie es läuft.   Ich fahre am Kocher entlang. Es ist ein tatsächlich existenter Fluss und nicht nur ein Wort, das sich gut bei "Stadt, Land, Fluss" einsetzen lässt 😂 Mir kommen viele Menschen mit vollbepackten Rädern entgegen, teils ganze Gruppen in Schulklassengröße. Im Bereich Neckarsulm fange ich an, mich wieder in vertrauter Umgebung zu befinden. Am Nachmittag durchfahre ich Heilbronn und in Illingen, knapp zwei Stunden vor meinem Ziel, fasse ich um 17:30 den Entschluss heute tatsächlich die letzte Etappe zu fahren. Die nette Archivarin vom Podersamer Rathaus hat zwischenzeitlich auf meine Email geantwor...

BA ZI

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Schon morgens sind die ersten Schnaken aktiv, aber kein Vergleich zu dem Geschwader vom Vorabend. Ich quere direkt die tschechische Grenze und fahre weiter über Bayreuth.    Die Sonne scheint, aber der Wind bläst mir nicht zu knapp ins Gesicht. Vor dem Festspielhaus mache ich Mittagspause. Bereits jetzt laufen hier viele Menschen in Abendkleid/Sakko rum. In dem Kontrast komme ich als "Premiumobdachloser" besonders zur Geltung 😂 Ich esse Brot, Käse, Nüsse, getrocknete Früchte, Apfel und "Bumi" (Buttermilch). Weiter Richtung Bamberg. Eigentlich wollte ich mir erst Bamberg ansehen und dann nach einem Schlafplatz suchen. Da ich aber nicht weiß, wie lang die Suche dauern wird, verschiebe ich Bamberg auf den Folgetag und biege vorher rechts in den Wald ab. Es soll heut Nacht Regen geben. Der Regenradar ist verlässlich. Pünktlich fängt's zum Tröpfeln an, später legt er noch zu. Morgens alles tropfnass eingepackt. Es hat 11 Grad und ist stark bewölkt. Ich fahre nach Ba...

Karlsbad

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Nicht umsonst habe ich den Sonntag für die Rückfahrt gewählt. Der Verkehr ist heut spürbar ruhiger. Mit erholten Beinen geht es in die Berge, doch schon vormittags ist es ziemlich warm. Heute bin ich sogar dankbar für den Gegenwind - der mich etwas abkühlt. Wie geplant fahr ich den EuroVelo4 entlang. Landschaftlich ist das ein Traum, Abzüge gibt's stellenweise für die Bodenbeschaffenheit des Wegs. Musste teils schieben, weil das Geröll nicht mehr fahrbar war. Ich alter Optimist hatte angenommen, dass ein Weg, der sich EuroVelo nennt, einen gewissen Standard bietet. Ist absolut nicht so. Aber die Aussicht entschädigt.   Mittags komme ich in Karlsbad an. Sehr schön! Die Quellen habe ich natürlich ausgiebig getestet. Fast schon Leuze-Qualität 😊 Nach Karlsbad geht es auf meist besseren Straßen und eher fallend weiter. Eine entspannte zweite Tageshälfte. Heute musste ich tatsächlich bis 17 Uhr Rad fahren, um die erste Bank im Schatten zu entdecken. Alle Pausen davor habe ich auf Randst...

Auf den Spuren meines Vaters

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Die Morgensonne weckt mich. Mein Zelt steht strategisch schlecht. Hatte nicht bedacht, dass ich zur Abwechslung mal nicht von abertausenden Bäumen umgeben bin, die sie direkte Sonnenexposition erfolgreich vereiteln. Frühstück. Ich fahre zum Rathaus. Der Haupteingang ist geöffnet, die Glastür dahinter abgeschlossen. Eine Dame gibt mir (vermutlich) durch die Scheibe zu verstehen, dass sie geschlossen haben. Vielleicht weil ich mit meinen wilden Gesten und Verrenkungen ganz offensichtlich nicht aus der Stadt bin öffnet sie die Tür und bittet mich kurz zu warten. Ich folge ihrer Bitte. Es tritt ein Mann vor die Tür, der etwas englisch spricht. Ich erzähle ihm warum ich hier bin. Er beginnt mit oh und ah und wie lange sind sie noch hier, weil... Er führt mich zu einer Kollegin, vermutlich Archivarin, die in seine Richtung ab- und mich spontan hereinwinkt. Sie spricht etwas deutsch. Ich solle mich ausweisen und Namen und Geburtsdatum meines Vaters aufschreiben. Sie holt dann ein dickes Buch ...

Podersam

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Von wegen Waldenserdörfer, meine jüngere Familiengeschichte führt mich in die Tschechische Republik. Mein Vater ist Anfang 1942 in Podersam, im Sudetenland, heute Podborany geboren. Von dieser Tatsache hab ich mit Ende 20 eher beiläufig erfahren. Bis dahin war ich der Meinung, mein Vater sei Bremer. (Aus dem Grund ging auch eine meiner Schnellläufer-Touren nach Bremen) Meinen Schwestern ging es ganz ähnlich. Podersam auszuklammern muss Methode gehabt haben, denn auch seine Freunde kennen keine Details. Zufall? Oder gab es einen Grund nicht darüber zu sprechen? Ich schaue mir Dokus und lerne eine Menge über diesen Teil der deutschen Geschichte. Die Erzählungen der Zeitzeugen sind teils schaurig. Ich frage mich, ob ich im Geschichtsunterricht in weiten Teilen geschlafen hab oder ob der Lehrplan hier nur ein Kratzen an der Oberfläche vorsieht. Jedenfalls wollte ich den Ort mal kennenlernen, an dem mein Vater die ersten drei Jahre seines Lebens verbracht hat, bevor seine Famile nach Bremen...

Nürnberg

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Ich lasse Nürnberg hinter mir und beobachte wie es nach Osten hin immer gemütlicher wird. Weniger Verkehr, weniger Einkaufsmöglichkeiten, weniger Bänke, die zum Pausieren einladen. Dafür auffällig viele Zigarettenautomaten und Solarpanels auf Dächern. Werden die in Bayern anders gefördert als in BaWü? Die Gegend ist hügelig, in langen Wellen geht's durch Felder und Wälder von Dorf zu Dorf. Anders als auf den Kanaren ist hier das Ende des Hügels jeweils bald erreicht, sodass ich wieder ein Stück rollen kann. Auf den Inseln war die Amplitude größer und die Frequenz geringer 😅    Die Tage im August geben doch reichlich mehr Tageslicht her als z.B. die im November. Ich mache regelmäßig Pausen zum Kohlenhydrate tanken. In einem Waldstück schlage ich mein Zelt auf. Die erste Nacht war nicht unbedingt erholsam. Ich bin müde, esse etwas und schaffe es gerade so bis zehn wach zu bleiben.   Nach elf Stunden mache ich die Augen wieder auf. Gestern müssen sich doch noch einige Schn...

Raus aus der Komfortzone

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...zumindest bis zum nächsten Fixstern in meinem Kalender. Die Impfung liegt nebenwirkungsfrei hinter mir. Hätte im Frühjahr nicht geglaubt, dass ich schon Ende Juli durch sein könnte. Ich packe mein Fahrrad, ziehe diverse Schrauben nach und korrigiere den Reifendruck nach oben. Wie auch nach bisherigen Unterbrechungen habe ich bzgl. der anstehenden Tour gemischte Gefühle. Es fällt mir nicht leicht mir vorzustellen, dass ich ab dem ersten Kilometer wieder Spielball der Natur sein werde. Bisher war dieses Gefühl bald nach der Abfahrt verflogen und so bin ich auch dieses Mal optimistisch, dass es so kommen wird. Es geht Richtung Osten. Das Wetter ist mal "augustal". Es geht flußabwärts der Enz entlang, leichter Rückenwind: guter Einstieg würde ich sagen. In Pforzheim, nach 15 km ist die Tour fast vorbei. Auf einem gekiesten Radweg steigt vor mir ein Stadtmitarbeiter in sein Stadtmobil ein, das rechts am Wegrand parkt. Wenn die Photonen auf seiner Netzhaut in seinem Sehzentrum v...