Mal was anderes

Es wird langsam hell, leichter Regen setzt ein. Ich kenne jemanden, der sein Zelt heute Mittag nochmal aufschlagen wird. Ich stehe auf und gehe im benachbarten Laden einkaufen. Morgens um 9 wird hier wohl nicht sehr gern eingekauft. Die Gänge sind leer. 

Nach 12 Kilometern biege ich nach Norden auf die nächste Schnellstraße ab. Der Verkehr ist dünn. Hoher Anteil an Viehtransporten. Ein schmaler Seitenstreifen für mich.
Etwas später stell ich fest, dass ich sinusartig eingebremst werde. Ich checke das Hinterrad. Es ist noch eine Speiche gerissen und eine Acht hat sich infolgedessen schon ausgebildet. Also hab ich jetzt ca. 30 km mit einer fehlenden Speiche gemacht. Die Felge liegt im Bereich der defekten Speichen am Bremsschuh an und verzögert meine Fahrt kurzzeitig alle zwei Meter. Ich öffne die Hinterradbremse, damit die Acht durchpasst.
An der Stelle muss ich meine Aussage von Tag sieben richtigstellen: "wenn etwas bricht, dann in einer Rinne oder Delle, die ich unkonzentriert durchfahren habe." In dem Punkt habe ich mich getäuscht. Speichen reißen offenbar auch völlig random.
Ich gehe zu Fuß weiter (es ist nicht so, dass ich viele Alternativen hätte).
Nachdem es vormittags noch etwas bewölkt war, setzt sich jetzt die Sonne durch. Ich pack das Zelt nochmal aus und mache eine Pause am Straßenrand. LKW donnern vorbei und verschieben das Zelt stückweise. Es ist echt absurd, dass es hier in diesen endlosen Weiten Südspaniens wenig Stellen gibt, wo man mal spontan (im Schatten, etwas abseits der Straße) eine Pause machen kann.
 

Zu Fuß kommt man zwar auch voran, aber natürlich vergleichsweise langsam. Bis Badajoz waren es heute morgen noch über 100 km. Ich überschlage im Kopf und stelle fest, dass ich drei Tage stramm laufen müsste, um dieses Ziel zu erreichen. Ich hoffe, auf dem Weg dorthin finde ich ein Fahrradgeschäft oder jemanden, der mich mitnimmt.
Bei jedem größeren Fahrzeug, Lieferwagen aufwärts, halte ich den Daumen raus. Es geht vorwiegend bergauf.
Ich schiebe. Was für eine Ironie: ich verlasse die Kanaren schweren Herzens, um endlich nicht mehr schieben zu müssen. Heute mach ich jedoch fast nichts anderes - wenn auch aus anderen Gründen. Noch ironischer: heute ist Bicycle Day 😂

Es ist brütend heiß. Ich frage mich, ob daher der Name 'Extremadura' seinen Ursprung hat ☺️ Schatten eher nicht so. Ab und zu mal ein Fleckchen hinter der Leitplanke, wo ich dann an der Böschung stehen kann.
Neben den gewöhnlichen Müllmassen (eine Sache, die ich nie verstehen werde) sehe ich heute mehr Skelette am Straßenrand als damals bei Körperwelten.

Am Nachmittag finde ich eine Tanke und frage den Wart, ob es hier ein Fahrradgeschäft gibt. Er meint hier nicht, aber im nächsten Dorf, also 22 km weiter. Ich fülle meine Wasserflaschen auf.
Bin froh, dass es jetzt auch vermehrt bergab geht. Dann setz ich mich ganz vorne auf's Oberrohr, um das Hinterrad möglichst zu entlasten und rolle so auf den abschüssigen Passagen.
Den Text bis hierher zu schreiben hat so viel Batterie verbraucht, wie ich heute den ganzen Tag über mit dem Dynamo netto geladen habe 🙈
Nach einer Brücke erreiche ich eine Abzweigung, ich entdecke eine Art Bushaltestelle, die Schatten spendet. Keine Bänke, ich setze mich auf den Boden und esse in einigen Augenblicken zwei (kurze) Baguettes, eine Packung Käse, einen Apfel und eine Packung getrocknete Früchte. Hatte wohl zwischenzeitlich etwas Hunger bekommen ☺️
Es sind noch gut sieben Kilometer bis zum besagten Dorf. Ich rufe mir in Erinnerung, dass ich es nicht eilig habe(n sollte) und entschließe mich den Rest morgen zu machen. Sofern ich morgen noch laufen kann 😅 Zumal ich hier in Flussnähe auch einen schönen Schlafplatz finde.

 



Kommentare

  1. "Noch ironischer: heute ist Bicycle Day"
    ----->u made my day😂😂😂

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