Die bisher anstrengendste Etappe
...und dass nicht nur, weil heute 1,7 km Höhe zu machen waren, sondern weil komoot wieder ein paar "Bonus-Tracks" für mich bereitgehalten hat. Doch eins nach dem anderen.
Der Wecker klingelt, ich packe meine Sachen und schleiche durch die dunkle Wohnung. Auf der Klingel ist ein Licht-Symbol abgebildet, es ist aber tatsächlich die Klingel. Ich klingle also nochmal schön alle wach bevor ich die Wohnung verlasse 🙈
Ich fahre durch einen menschenleeres Valencia. Der Stadtrand liegt gerade hinter mir da habe ich mal wieder -na, was?- einen Platten. Auch Schwalbe hat versagt. Ich schaue mir den Schlauch genau an und sehe auch hier einen Riss. Auf der Innenseite. Ich prüfe nochmals das Laufrad und kann beim besten Willen keine Ursache für den Riss finden. Ich tausche also den Schlauch und bin froh gestern den Fahrradladen gefunden zu haben. Beim wieder Aufstellen des Rads, stell ich fest, dass das auf-dem-Kopf stehen dafür gesorgt hat, dass mein km-Stand am Tacho resettet wurde. Weiter gehts.
Exakt 7, 96 km später: Platten.
Ich packe meinen zweiten Schlauch aus.
Wieder ein Riss auf der Innenseite, wieder kein Merkmal auf dem Laufrad. Ich komme mir etwas vor, wie bei der Arbeit: es zeigt sich ein Fehlerbild, Ursachenanlyse, Herausarbeiten einer evtl. Systematik, Gegenmaßnahmen ableiten 😅 Ich entscheide mich die entsprechenden Stellen in der Felge vierfach mit Panzertape abzukleben, das mir Simon mitgegeben hat. (Spoiler: ich hab für den Rest des Tages keinen Platten mehr! Simon, ich mach Dir die "Stewardess"! 🤣)
Meine Pumpe kann allerdings den neuen Schlauch nicht aufpumpen, den defekten schon. Ich fange an zu verzweifeln.
Ich winke einen Fahrradfahrer zu mir. Er ist sehr hilfsbereit, aber auch seine Pumpe kann den Schlauch nicht aufpumpen. Ein weiterer Radfahrer wird herangewunken. Die beiden können sich erheblich besser miteinander verständigen, als ich zunächst mit Radfahrer Nummer 1. Die jüngst dazugestoßene Pumpe pumpt. Ich bedanke mich und fahre weiter.
Ich komm in die Berge. Kein Ersatzschlauch an Board. Keine Ahnung, wann das nächste Dorf mit Fahrradladen kommt. Ich bin angespannt. Zudem leicht paranoid und denke jedes Mal, wenn mein Heck leicht instabil ist, dass ich schon wieder Luft verliere. Das Vertrauen wird mit den Kilometern größer, Entspannung stellt sich ein. Im erstbesten Dorf frage ich nach einem Fahrradladen. Es gibt einen. Ich fahre hin, er hat geschlossen, auch wenn die Öffnungszeiten etwas anderes behaupten. Ich entschließe mich essend zu warten. Eine Frau taucht auf "5 Minuten!" und läuft weg. Nach einer Viertelstunde taucht der Ladenbesitzer auf. Wir verständigen uns mit Händen u d Füßen. Er will mir gar nicht glauebn, dass ich aus Deutschland komme 😊 Ich kaufe zwei Schläuche und Flickzeug.
Ich fahre weiter - hoch.
Die Natur ist traumhaft schön. Es sind einige Motorräder unterwegs, was ich als Indikator für eine kurvige Strecke verstehe. Auf einer Anhöhe halte ich an und höre - nichts. Ich bin das einzige Geräusch hier. Gedämpft wir das Erlebnis ein wenig durch den Geruch meiner gestern
gewaschenen Kleidung: eine Mischung aus ekligem Weichspüler und Rauch.
Es geht unter vielen Kurven rauf und runter, mit starker Tendenz: rauf. Auf wiederkehrenden Schildern wird die Durchschnitts- und Maximalsteigung des kommenden Abschnitts angepriesen. So genau will ich das eigentlich gar nicht wissen.
Schweiß läuft über meine Brille und tropft aufs Rad. Erst gestern konnte ich sie mal wieder putzen. Davor hatte ich ständig den Eindruck es wär nebelig. Nebel zieht auf.
Nach diesem schönen Abschnitt wechsle ich die Straße und komme auf einen Schotterweg. Der wird schnell schlechter. Dann soll ich abbiegen, wo kein Weg ist. In diesen Fall kann man eine Meldung bei komoot machen, sogar mit drop-down "Weg existiert nicht". Ist ja geil, dass ich hier in der Wildnis den Kartentester für komoot mache. Ich fahre einen Umweg und zurück auf die Route, die dann noch schlechter wird. Aus einer downhill-Strecke, wird ein Trampelpfad. Irgendwann ist es nicht einmal mehr das, sondern ein Bachlauf, in dem im Frühjahr das Schmelzwasser durchjagt. Ich mach also grad Canyoning ohne Wasser, dafür mit 45-kg-Fahrrad "unterm Arm". An Fahren ist schon lange nicht mehr zu denken, ich stolpere, strauchle und schiebe mehrere Kilometer. Was für eine schändliche Art potentielle Energie abzubauen.
Zwischen den Bäumen sehe ich Anzeichen einer Zivilisation. Kurz drauf komme ich auf einen Kiesweg, dann kommt lang ersehnter Asphalt - und es geht bergab.
Die Sonne scheint mir flachstehend ins Gesicht. Nach einem kleinen Tal geht es unfassbar steil nach oben. Slalom ist nicht, weil der Belag zu 50% aus Schlaglöchern besteht. Meine eben angezogene Jacke zieh ich gleich wieder aus. Keuchend schaue ich mich nach Schlafplätzen um. Bin etwas unentschlossen, lasse einige Optionen liegen und fahre weiter. Es wird langsam dunkel. (wie geil, dass die Tage in diesem November länger werden!)
In einer Kehre einer Serpentinenstraße steht ein gemauertes Haus als Picknickplatz. Perfekt! Ich parke darin. In der Stille hör ich ein Plätschern. Nebenan gibt es einen Brunnen. Kann ich schon wieder duschen 😃
ABENTEUER PUUUUUR!!!
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